Durch den Morast am Chiemsee

Kennst du das, wenn du nicht Herr/Herrin deiner Handlungen bist, aus Reiz-Reaktions-Mustern Dinge durch dich geschehen, die du eigentlich gar nicht beabsichtigst und du fühlst dich als Beifahrer in deinem eigenen Leben und fragst dich, wie bin ich eigentlich dahin gekommen und verstehst „deine“ Welt nicht mehr?

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Suresha Sandra Joachimsthaler

6/25/2025

So ging es mir die letzten Wochen. Alles war anstrengend und schwer. Ich fühlte mich müde, ausgelaugt, ohne Freude und als Opfer. Doch anstatt, dass es leichter wurde, wenn ich es mir vermeintlich anschaute, schien es immer weiter rein und runter zu gehen auf meiner Talfahrt.

Irgendwann war die Verzweiflung sehr groß und ich bin einfach mal abgehauen für 4 Stunden und war mit mir alleine am wunderschönen Chiemsee, nur der See und ich, sonst nichts. Ich habe das Universum um Rat gefragt, war ratlos und hoffnungslos, konnte keine Lösung sehen, aus meinem Loch, dass ich mir anscheinend selbst gebuddelt hatte, wieder rauszukommen, obwohl ich doch so drum gekämpft habe. Es kam keine Antwort. Ich war wütend auf alles und jeden und habe geweint. Es war mir scheißegal, ob andere das mitbekamen, ich war wie eine Insel in meiner Wut und Trauer und dem Gefühl, ausgeliefert zu sein und verraten worden zu sein. Ein Gedanke jagte den anderen. Ich versuchte immer mal wieder den Assoziationsketten Einhalt zu gebieten mit der Frage: „Wer sagt das?“ Aber dann ging es im nächsten Moment wieder weiter. Wie oft ich den Kopf schüttelte über den Schmarrn, der mir da durch durch mein Hirn ging, ich weiß es nicht. Schließlich habe ich akzeptiert, dass ich es nicht lösen kann. Und dass es keinen Sinn macht, dagegen anzukämpfen.

Und dann saß ich irgendwann im Kiesbett am Strand in einer einsamen Bucht und schaute dem Sonnenuntergang zu und wurde still. Vorbei war der Kampf, der Widerstand auch und Frieden breitete sich in mir aus und ich begriff, dass es genau darum gegangen war, damit zu sein und nichts damit zu tun. Und die Situation nicht wieder lösen oder kontrollieren zu wollen wie so viele Male vorher, bei denen ich aus Angst, nicht mehr zu funktionieren, alle möglichen Strategien und Konzepte zur Selbstoptimierung angewandt hatte, erfolglos natürlich. Dieses Mal war es anders. Ich fühlte mich frei und bereit fürs Leben.

Dann fuhr ich heim, war immer noch sehr aufgeregt, mich beobachtend und staunend über die Erfahrung konnte ich kaum schlafen. Ich nahm auch das so an. Am nächsten Morgen stand ich auf und alles fühlte sich leichter und weicher an als je zuvor.

Wunderschön diese Erfahrung! Als ich mittendrin steckte, war es der tiefste Morast, durch den ich bisher gewatet bin. Und wodurch geschah es? Muster, Programmierungen, Überlebensstrategien, die ich erlernt habe und die mir sicherlich irgendwann das Leben gerettet hatten. Doch heute brauche ich sie nicht mehr. Sie blockierten mich darin, offen und frei einer Situation im Hier und Jetzt zu begegnen.

Von Isaac Shapiro höre ich häufig (sinngemäß): „Das sind Programmierungen, die dir mal gedient haben, vielleicht sogar das Leben gerettet haben. Heute brauchst Du sie nicht mehr. Hast Du sie gemacht? Nein! Und wenn Du entscheiden könntest, ob sie da sind oder nicht, wären sie dann da? Nein.“

Ja, wir können nichts für die Überlebensstrategien, aber wir können sie beobachten und wahrnehmen und mit anderen darüber in vertrauensvollen Austausch gehen und vielleicht sogar über das eine oder andere Verhaltensmuster lachen und es damit enttarnen, ihm die Bedeutung nehmen, die es heute eh nicht mehr hat. Dann wird es leicht, weit und weich in uns und der Frieden kehrt ein, nachdem wir uns so sehr sehnen….