Feedback im Jonathan

Spannendes Thema, das mit dem Feedback.

Generell im Leben, in Gruppen jeder Art und auch natürlich im Jonathan, wo es eine Vision gibt, die besagt:

„Das Jonathan ist ein Ort gewidmet der Bewusstheit, dem bewussten Sein, dem Selbsterkenntnisweg, der Heilung und der Selbsterforschung.“

Das gilt für die Gäste in ihren Seminaren und eben auch für das Team, die Menschen, die hier zusammenleben und wirken. „Alle Mitwirker haben die Werte verinnerlicht und lassen sich auf interne und externe Schulung, Begleitung und Lernprozesse ein.“

Das hat eine philosophisch-spirituelle Ebene, auf der es um Lösung vom Ego und letztlich Erlösung, um das Dienen für das Ganze, geht.

Aber eben auch eine ganz praktische, tagtäglich notwendige und erlebte Dimension. Denn, wenn der Eine seine ihm zugedachte bzw. von ihm gewählte Rolle nicht ausfüllt - das heißt, sich in dieser Rolle nicht in den Dienst des Ganzen stellt -, eigene Wege geht, eigene Ziele in den Vordergrund stellt (z.B. ich will hier nur Geld verdienen, ich baue das Buffet auf, wie ich es für richtig halte, ich brauche regelmäßig meine Pausen, ich will hier nur arbeiten und nicht therapiert werden, uvm.), bedeutet das für den anderen in der Regel Mehraufwand, mehr Stress und es leidet das ganze Projekt.

 

Die Macht der Muster

Hinter der - oft unbewussten - Weigerung oder sogar Unfähigkeit, in vollem Umfang und mit seiner ganzen Kraft und aus vollem Herzen, zum Ganzen beizutragen, stecken fast immer tieferliegende Gründe. Es ist selten, dass jemand frei raus und ohne jeden Umschweif sagt: "Ich wollte das nicht tun", "Ich konnte das nicht tun", "Es war eine bewusste Entscheidung, dass ich mich nicht um das leergeräumte Buffet gekümmert haben, dass ich den Staubsauger nicht benutzt habe, dass ich diesen oder jenen Fehler zum x-ten Mal wiederholt habe".

Vielmehr betreten wir hier den Bereich der Rechtfertigungen, der Ausflüchte, der Schuldzuweisungen ("Ich war‘s nicht, der war’s!" - selten so platt aber in der Essenz sehr oft ausgedrückt). Und wir betreten den abgedunkelten und vor uns selbst (und anderen) geheim gehaltenen Bereich der persönlichen Neurosen.

Hier wird es interessant, denn in den meisten sozialen Zusammenhängen (Familien, Firmen, Vereine, etc.) wird dieser Bereich ausgeklammert. Vordergründig spricht man über Sachthemen und im Hintergrund bekämpfen sich die Egos mit ihren ungeheilten Verletzungen und gut verborgenen Wunden. Kann das funktionieren?

Wir meinen Nein! Und deshalb versuchen wir im Jonathan auch so gut es geht, hinter diese Spielchen zu schauen. Und wir fragen jeden, der dazu kommt: "Bist du dazu bereit? Siehst du einen Nutzen darin, mit uns auf diese Ebene zu gehen?" Und wir sollten noch viel öfter dazufügen: "Es fühlt sich ungewohnt an". Und: "Am Anfang hat man das Gefühl, man muss sich nackt ausziehen". Und: "Das kann weh tun, aber es lohnt sich - für das Ganze, das gemeinsame Projekt sowieso. Aber auch für jeden Einzelnen: Das Leben wird so viel leichter und freudiger, wenn man sein Ego nicht mehr verteidigen muss".

Viele laufen sehr schnell davon, weil sie sich diesen Gefühlen nicht aussetzen wollen oder versuchen sonst wie auszubüchsen: Rechtfertigen, beschuldigen, hinter dem Rücken Allianzen schmieden, über andere herziehen. Na ja, wir kennen das alles zur Genüge.

Deshalb haben wir Instrumente entwickelt und entwickeln sie weiter, die es erleichtern, neben dem alltäglichen Feedback, den Hinweisen auf kleine und große Fehler und Unaufmerksamkeiten, auch mal das - sich ja in der Regel bei der gemeinsamen Arbeit sehr schnell abzeichnende - „Gesamtbild“ eines Mitwirkers miteinander abzugleichen - auch im Sinne von Selbsteinschätzung/Fremdeinschätzung. Natürlich kann es sein - es ist sogar hochwahrscheinlich-, dass da etwas dahinterliegt, das wir erst beim gemeinsamen Untersuchen entdecken. Deshalb ist uns klar, dass der erste Schritt immer erst ein Vor-Urteil ist. Eigentlich gar kein Urteil, auch wenn es sich oft so anfühlt, weil es gerade, wenn es sich schon aufgestaut hat, häufig auch mit einer gewissen Ladung hervorgebracht wird. Idealerweise von der Haltung her eine vorläufige Beobachtung, ein vorläufiges Bild, das wir teilen, auf den Tisch legen und gemeinsam untersuchen. Denn nur, weil von 100 Menschen 99 ein Bild haben, ist es noch nicht die „Wahrheit“.

Und doch ist es frappierend, wie sich die Grundnote der Einschätzungen und Beobachtungen von unterschiedlichen Teammitgliedern, die Erlebnisse und Situationen, die Einzelne mit einer Person hatten, gleichen.

Zugleich haben wir ja auch täglich die Möglichkeit des Vergleichs: Wie ist es mit dieser Person zusammenzuwirken? Wie fühlt es sich mit jener an? Wo ist es leicht? Wo muss ich ständig auf der Hut sein? Wo kann ich mich entspannen?

Und der Einzelne kann dann nach dem Feedback frei entscheiden: Kann da was dran sein, nehme ich es mir zu Herzen - oder erzählen die Anderen Käse. Und vom Anerkennen und sich zu Herzen nehmen hin zu Veränderungen im Tun und zu einer wirklichen Befreiung (das nämlich winkt am Ende des Wegs) sind es viele kleine Schritte. Das wissen wir alle aus eigener Erfahrung. Und deshalb sind wir da seeeehr geduldig mit uns und unseren Nächsten. Fast immer!

 

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